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Yangtze - Traumlandschaft im Reich der Mitte

Der Yangtze ist der drittlängste Fluss der Welt – und ein Kooperationswerk von Natur und Mensch. Über viele Jahrhunderte war er ein unberechenbarer Strom, der Flutkatastrophen und Naturzerstörungen brachte, Ernten und Tiere vernichtete. Aus alten Chroniken ist bekannt, dass die Menschen ihn genutzt, aber immer auch gefürchtet haben.

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Bis Mao Tse-Tung, der Große Führer der chinesischen Nation, 1949 der Volksarmee während des Chinesischen Bürgerkriegs den Befehl gab, den Yangtze zu überqueren. Mao wollte den Fluss zähmen. „Ein glatter See wird in den engen Schluchten aufsteigen“, erklärte er pathetisch. „Die Bergfee, so sie denn noch existiert, wird sich wundern über die veränderte Welt.“ 1966 hatte der Große Vorsitzende im Alter von 73 Jahren den Strom selbst durchschwommen.

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Es wurde Chinas größtes und anspruchsvollstes Bauprojekt aller Zeiten. Tausende Menschen haben mittels Staudammbauten den Flusslauf entscheidend verändert und den Yangtze tatsächlich bezwungen. Maos Genossen sprachen vom „Großen Sprung nach vorn“. Nach den vielen Mythen um den „langen Fluss“, wie er in China genannt wird, ist das der letzte Mythos, von dem man noch in Jahrhunderten sprechen wird.

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Technologie und Natur

Die Geschichtsschreibung hatte den Yangtze seit etwa 2.000 Jahren beschrieben. Als wilden Burschen, der, wenn er wütend wurde, wie besessen alles mit sich riss. Wer den Fluss heute von Oberdeck aus betrachtet, kann sich das kaum noch vorstellen. Zum größten Teil fließt er milde dahin, wie ein freundliches Gewässer, das an den Lago Maggiore erinnert. Die alten Chroniken erfassten 1.000 Überschwemmungen. Die Pegelstände schossen auf Höhen von bis zu 80 Meter empor. 1954 drückte ein sommerliches Hochwasser drei Monate lang eine Region von mehr als 200.000 Quadratkilometern unter Wasser. Dabei kam es zu vielen Opfern unter den Anwohnern.

Der Yangtze ist in eine seltene Topographie eingebunden. Chinas Landmasse verläuft vom gigantischen Himalajakomplex, im Westen abschüssig von 7.000 Metern Höhe bis auf Küstenniveau. Das bedeutet, dass sämtliche Niederschläge in Richtung Osten fließen, und das in nur zwei Adern, dem Gelben Fluss und dem Yangtze. Als ältester Fluss Chinas und einer der ältesten auf der Erde, fließt der Yangtze schon 40 Millionen Jahre in seinem Bett. Gesteinsuntersuchungen konnten das Belegen. Er entspringt im Hochplateau von Tibet, durchfräst mäandernd riesige Landschaften, durchschneidet ein Gebirge und nimmt auf seiner Länge von rund 6.380 Kilometern mehr als 700 Flüsse aus dem Kernbereich Chinas auf. Mit seinen Wassermassen und den vereinten Strömen fließt er majestätisch und mit hoher Fließgeschwindigkeit ins Ostchinesische Meer. Der berühmteste Asienreisende des Mittelalters, Marco Polo aus Venedig, stand im 13. Jahrhundert staunend am Ufer des Yangtze. Der Kaufmannssohn sah in ihm den mächtigsten Strom der Welt.

Eine gigantische Technologie kam zum Einsatz, als der Yangtze umgebaut wurde. Es brauchte ungeheure Massen an menschlicher Arbeitskraft, Materialien wie Beton und Stein, viele Schiffe, Bagger, Kräne, Güterzüge und Lastwagen, um den Drei-Schluchten- Staudamm zu errichten. Zum Vergleich: In Europa hätte man den Rhein von Basel bis Rotterdam aufstauen müssen, um eine ähnliche Leistung zu erbringen. 18 Jahre lang wurde in einem Fünftel der Fläche Chinas die Natur umgestaltet. 2006 wurde der Staudamm eingeweiht. Die Kosten des Projekts werden mit 75 Milliarden US-Dollar beziffert.

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Auf dem Strom

Die Profiteure der Umwälzung sind vor allem die 500 Millionen Menschen, die an beiden Ufern des Yangtze wohnen. Sie müssen nicht mehr die Wildheit des Flusses hinnehmen. Zudem haben die Bauern viel bessere Bedingungen für ihre Arbeit. Die Landwirtschaft war Jahrtausende gefährdet, weil sie an den Ufern zu steil und zu hoch war. Der höhere Wasserspiegel erlaubt nun, dass in bisher unzugänglichen Höhenlagen neues Ackerland erschlossen wurde. Das hat die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in China befördert.

Zum Yangtze gibt es riesige Mengen an kalligraphischen Bildern chinesischer Künstler. Sie zeigen Menschen an den Ufern, mit breiten Strohhüten und Sensen. Es sind Bauern und Winzer, die auf den Terrassen über dem Fluss gesät, gepflanzt und Rebsorten gepflegt und geerntet haben. Das war stets mühsam. In Holzkähnen erreichten die Landarbeiter ihre Arbeitsplätze, oft ruderten sie gegen die Strömung den Fluss hinauf. An den Stromschnellen treideln ihre Boote durch das strömende Wasser. „Mein Herz flattert wie das Seil, an dem wir ziehen“, heißt es in einem alten Lied. Es gibt immer noch Arbeiter in den traditionellen Booten auf dem Wasser, aber die Zeit des harten Lebens ist vorbei.

Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen erleben eine Landschaft, die sich mal großartig, mal zerklüftet, mal fjordmäßig zeigt. In der Strömung wuchten sich die Wassermassen durch das Land, aber in Felsbuchten, Nischen und kleinen Nebenflüssen zeigt sich manche Bilderbuchidylle. Das Schiff nimmt gemächlich seine Bahn, es geht in unzählige Kurven, zwischen denen gewaltige Bergriesen emporragen. Die schönste Teilstrecke ist das Gebiet der Schluchten. Die Qutang-Schlucht ist acht Kilometer lang, die Wu-Schlucht ist 44 Kilometer lang und die Xiling-Schlucht ist 76 Kilometer lang. Sie werden überragt von bis zu 1.300 Meter hohen Steilfelsen. Das Schiff wird über eine fünfstufige Schleusentreppe gehoben und überwindet einen Höhenunterschied von 110 Metern.

Idyllische Orte

In den drei kleinen Schluchten erwartet Sie eine Bergwelt mit uralten Bäumen. Sie erscheint fast lieblich mit Quellmündungen und typischen Bambusgehölzen, vorbei auch an malerischen Dörfern und zauberhaften Fluss-Idyllen. Eine Attraktion ist der Besuch der roten Pagode von Shibaozhai. 12 Stockwerke wurden – angeblich ohne einen einzigen Nagel verwendet zu haben – direkt an die steilen Klippen des Shibaozhai-Felsens gebaut, um den Besuchern das Erklimmen des Berges zu erleichtern. Wer die schmalen Treppen im Inneren erklimmt wird mit einer sagenhaften Aussicht über den Fluss belohnt.

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